Die DRÄXLMAIER Group ist ein weltweit operierender Automobilzulieferer, Marktführer im Premiumsegment bei Bordnetzsystemen wie auch bei Interieursystemen und Erfinder des Kundenspezifischen Kabelbaums. Das Unternehmen wurde 1958 in Deutschland gegründet. DRÄXLMAIER als Erfinder des Kundenspezifischen Kabelbaums KSK prägt seit mehr als 20 Jahren die Bordnetz-Architektur. Seitdem liefert das Unternehmen individuelle Bordnetzsysteme, autarke Leitungssätze und Motorleitungssätze.

 

Nach Ihrer Promotion an der TU München im Jahre 1992 leiteten Sie als Ingenieur bei Siemens und Infineon internationale Projekte.  Seit 15 Jahren sind Sie nun bei der Dräxlmaier Group. Bevor Sie 2014 zum CTO berufen wurden, übernahmen Sie unter anderem den Aufbau des Tochterunternehmens Qestronic.

Als CTO arbeiten Sie täglich an der Entwicklung von Innovationen und der technischen Weiterentwicklung Ihres Produktportfolios.  Inwieweit beeinflusst die fortschreitende Digitalisierung die Produktentwicklung bei Dräxlmaier und was hat sich seit 2014 für Sie persönlich, in Ihrem Tagesgeschäft, verändert?

Wir sehen die fortschreitende Digitalisierung in zweierlei Hinsicht als Chance: Zum einen findet die Digitalisierung im Produkt selbst Anwendung. Gleichzeitig verändert sie aber auch die Art und Weise, wie wir unsere Produkte entwickeln und fertigen.

Die Automobilhersteller und -zulieferer treiben die Innovationsthemen rund um Elektromobilität und automatisierte Fahrsysteme mit Hochdruck voran. Entsprechend umfangreicher wird auch die Elektronik und Software unserer Produkte. Dies zieht neue Entwicklungsumfänge mit sich, stellt uns vor neue Herausforderungen in der Prozesslandschaft, erweitert aber auch maßgeblich unsere Wertschöpfungskette sowie unser Produktfeld. Wir begegnen diesem Umbruch mit einer Veränderung unseres Angebots: Wir denken vermehrt in ganzheitlichen Systemen und entwickeln diese. Anstatt einzelner Produkte bieten wir unseren Kunden beispielsweise das Gesamtsystem „Hochvolt“ an, was von der Ladedose, über den Leitungssatz bis hin zur Schaltbox geht, sowie das Batteriemanagement-System und den Batteriespeicher selbst miteinschließt. Somit erhält der OEM von uns ein komplexes System mit all seinen Schnittstellen in höchster Qualität, mehrfach abgesichert und dies zuverlässig aus einer Hand.

Auf der anderen Seite hat sich unsere Arbeitsweise in der Entwicklung verändert. Wir haben heute moderne und komplexe Toolchains, die sich wiederum in unsere immer tiefgreifenderen Prozesse einfügen. Hier unterstützen uns interne Digitalisierungsprojekte, die darauf abzielen, unsere Prozesse und tägliche Entwicklungsarbeit zu digitalisieren und effizienter zu gestalten. So sehen wir beispielsweise täglich den aktuellen Softwarestand unserer Batteriemanagement-Systeme oder die Daten aus unseren Werken mit den wichtigsten KPIs und Analytics. Auf dieser Basis können wir tagesaktuell priorisieren und gegebenenfalls gegensteuern. Auch Anforderungen hinsichtlich Continous Integration und einer agilen Softwareentwicklung können wir so bewerkstelligen.

 

Als Sie das Amt des Hauptgeschäftsführers für Entwicklung bei der Dräxlmaier Group übernommen hatten, haben Sie sich als Ziel die Innovationsführerschaft im Wettbewerbsumfeld gesetzt. Mit mehr als tausend Patentfamilien im Dräxlmaier IP-Portfolio zeigt sich die starke Innovationskraft des Unternehmens.

Welche Ziele haben Sie sich für die nächsten Jahre gesetzt und in welchen Fachbereichen sehen Sie das größte Innovationspotential?

Mit enormem Einsatze unserer Forschungs- und Grundlagenentwicklern treiben wir die Innovationskraft weiter nach oben. Hierbei spielen vor allem zukünftige Themen aus den Bereichen Konnektivität, Autonomes Fahren und E-Mobilität eine Rolle. Wir wollen nicht nur die aktuellen Anforderungen unserer Kunden mit höchstem Anspruch erfüllen, sondern auch eigene Technologien und Innovationen auf den Markt bringen, die über unser aktuelles Produktportfolio hinausgehen. Hierzu arbeiten wir unter anderem sehr eng mit Universitäten zusammen, um technologisch in die Tiefe gehen zu können und unseren Kunden neue Innovationen anzubieten. Unsere Batterieentwicklung arbeitet beispielsweise sehr eng mit der TU München zusammen, hier speziell an gemeinsamer Zellforschung.

 

Die Dräxlmaier Group arbeitet am Forschungs- und Entwicklungsstandort „GALILEO“ in Garching bei München mit der TU München zusammen an Innovationen. Forschung und Praxis ergänzen sich so an einem Standort mit Campus-Charakter hervorragend.

Wie sieht ein innovativer und kreativitätsfördernder Arbeitsplatz am Standort GALILEO aus?

Unser Entwicklungsstandort in Garching, der DRÄXLMAIER Campus, liegt im Herzen der neuen Mitte der TU München. Dort arbeitet ein junges, interdisziplinäres Team an zwei der großen Megatrends der Automobilbranche: der Elektromobilität und dem Autonomen Fahren. Dabei kooperieren wir in zahlreichen Projekten mit mehreren Lehrstühlen der TU München. Wir leben am DRÄXLMAIER Campus eine Start-up-Kultur, arbeiten mit agilen Methoden und setzten auf Design-Thinking. Zugleich profitieren wir von der großen, über Jahrzehnte gewachsenen Erfahrung der DRÄXLMAIER Group.

Bei DRÄXLMAIER steht der Mitarbeiter im Mittelpunkt. In meinen Augen liegen der Erfolg und die Freude im Projekt, die Möglichkeit sich dort weiter zu entwickeln und sich selbst zu verwirklichen mit Ideen, Konzepten und neuen Arbeitsmethoden ist der größte Motivator. Dennoch ist uns klar, dass es nicht ausreicht, einfach nur einen Kicker ins Büro zu stellen, bunte Wände mit vielen post-It‘s zu haben und eine Couch neben die andere zu stellen – vielmehr versuchen wir unseren Mitarbeitern interessante und anspruchsvolle Zukunftsthemen sowie ein Höchstmaß an Entscheidungsfreiheit an die Hand zu geben.

 

Die Dieselmedaille macht seit 1953 die unternehmerische Leistung einzelner Persönlichkeiten und damit auch die gesellschaftliche Leistung von Technik sichtbar.

Was sind, Ihrer Meinung nach, die bedeutsamsten Leistungen der Dieselmedaille?

Dass es die Dieselmedaille bereits seit 1953 gibt und sie damit der älteste Innovationspreis Deutschlands ist, zeigt, wie wichtig Innovationen für unsere Wirtschaft und Gesellschaft sind. Die Medaille macht aber auch deutlich, dass Erfindergeist allein nicht ausreichend ist. Vielmehr muss man auch die Fähigkeiten und Möglichkeiten besitzen, großartige Ideen erfolgreich umzusetzen. Dank der Dieselmedaille werden diese Leistungen seit über 60 Jahren in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt.

 

Das Dieselkuratorium wählt die Preisträger der Dieselmedaille in verschiedenen Kategorien. Im Jahr 2021 wird erstmals auch die Dieselmedaille für die beste Zukunftsidee verliehen, die sich an Deutschlands High-Potentials richtet und aktuelle Ideen von talentierten Nachwuchskräften auszeichnet.

Wie wichtig ist für Sie die Einbeziehung von jungen, aufstrebenden Absolventen in wichtige Arbeitsprozesse und wie viel kreativen Freiraum halten Sie hierbei für angebracht?

Wir haben als weltweit agierendes Unternehmen mit langer Historie eine Vielzahl an Kompetenzen in den verschiedensten Bereichen aufgebaut. Nichtsdestotrotz müssen und wollen wir uns jeden Tag neu erfinden und weiterentwickeln. Hier spielen junge Absolventen eine fundamentale Rolle, da sie mit den Trends und Technologien von morgen oft früher in Kontakt treten als andere Teile des Unternehmens. Wir profitieren auch von der offenen und aufgeschlossenen Denkweise unserer jungen Kollegen. Deshalb haben nicht nur Uni-Absolventen, sondern bereits Studenten bei uns die Chance, sich im Rahmen eines Praktikums, einer Werkstudententätigkeit oder ihrer Abschlussarbeit aktiv in unsere Entwicklungsarbeit miteinzubringen. Bei uns hat jede Idee die Möglichkeit, in die Umsetzung zu gelangen. So können und sollen junge Absolventen neben ihren tagesaktuellen Aufgaben im Projekt, zusätzlich in Workshops und cross-funktionalen Teams an den Herausforderungen und Chancen der Zukunft arbeiten. Unser DRÄXLMAIER Campus in Garching leistet hier einen essenziellen Bestandteil, diese Art des Arbeitens mit der dazugehörigen Führungskultur voran zu treiben und in das gesamte Unternehmen zu tragen.

 

 

 

Nach seiner Promotion an der TU München 1992, leitete Dr. Martin Gall bei Siemens und später Infineon internationale Projekte im Bereich Elektronik. 2004 wechselte er zur Dräxlmaier Group und führte bis 2006 die Entwicklungsbereiche für Innovationen und New Ventures. Seine nächste berufliche Station stellte bis 2009 die Leitung der Dräxlmaier Operations in Nordamerika dar. Nach der Rückkehr in die Zentrale in Vilsbiburg, übernahm er unter anderem den Aufbau des Tochterunternehmens Qestronic, das Komponenten und Energiesysteme für die Elektromobilität entwickelt und fertigt.

 

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