Der Auftakt zum CTO-Frühjahrsforum 2019 am Abend vor der Dieselmedaillenverleihung, der Abend des Mediallendinners, wurde in einem Kinosaal der ARRI-Filmstudios auf dem Bavariagelände in Grünwald eröffnet. Gerade erst hat ARRI 100-jähriges Jubiläum gefeiert, erzählte Prof. Franz Kraus zu Beginn seines Vortrags. Es ist ein Familienunternehmen der ursprünglichen Familie Richter, heute Familie Stahl. Die Unternehmensbereiche, in denen ARRI tätig ist, sind Kamerasysteme, Services und noch ein kleines Startup im Medical-Bereich. Der Großteil der Produkte wird nicht für Kinofilme, sondern für das Fernsehen eingesetzt. Es gibt wenig dezidierte Technik, die entweder Kino oder Fernsehen bedienen, denn in der Digitalisierung sind diese Technologien sehr deutlich zusammengewachsen, so Prof. Kraus.

Trotzdem sei es wichtig zu sehen, wo sich Kino und Fernsehen unterscheidet. Fernsehen ist ein Medium, welches toleriert, dass man sich ablenkt, dass man zusätzlich andere Dinge macht. Die Formate sind so gemacht, dass man trotzdem mehr oder weniger bei den Inhalten bleibt. Es gibt mehrere Milliarden Fernsehgeräte oder Geräte, die fernsehtauglich sind.  Es gibt auch eine hohe Anzahl von Programmen und auch Unterschieden von Programmen. Es gibt ein erfolgreiches Businessmodell sowohl für Broadcaster als auch für die Over-The-Top-Anbieter, die die Pay-On Programme anbieten. Es findet ein generelles Wachstum in den Formaten statt, wodurch ein hoher Druck auf Innovationen entsteht. Es entsteht eine zunehmend höhere Konvergenz mit der Entwicklung der IT. Das bedeutet, je schneller die Daten werden, desto beeindruckender wird das Programmangebot in der Zahl aber auch in der Qualität werden. Fernsehen kann auch ohne Kino existieren. Es ist ein sehr solides, großes Format. In der Zukunft werden Filme nicht zwangsweise ein Format haben. Das Kinoprogramm braucht aber Fernsehen. Die Erlöse an der Kinokasse reichen nicht für die teuren Filme. Die Zweitverwertung wird gebraucht. Kino ist ein Medium, dass eine Konzentration für eine beachtliche Zeit erfordert. Im Westen gibt es eine Stagnation der Besucherzahlen, in Deutschland sogar ein deutlicher Rückgang von. In China hingegen findet ein sehr solides Wachstum statt. Hier gibt es relativ wenig Druck auf Innovation und eine überschaubare Konvergenz mit der IT- Technologie. Da kommt die Frage auf, ob es in Zukunft nur eine kleine Anzahl von Premieren Kinos geben wird. Wird also Kino eher ein Marketing-Element werden, so wie heute Theater und Schauspielhäuser in den größeren Städten? Die andere Thematik ist die immersive Experience. Prof. Kraus kommt somit auch auf das Thema Ton zu sprechen.  Bis 1976 gab es Ton in Mono, das ist Radio- Qualität. Ab den 70er Jahren kam Stereo dazu. Somit konnte man die große Leinwand auch von Ton her bedienen. Damals wurde immer noch ein digitaler Ton auf dem Filmprint mitgeliefert. Es gab den ersten Subwoofer, also ordentliche Bässe und Dynamik. Seit Übergang zu 2010 zu den digitalen Kinoleinwänden oder Projektoren ist unkomprimiert 5.1 Ton angeboten worden.

Anhand verschiedener Tonbespiele erklärte Prof. Kraus, warum es schwer vorstellbar sei, dass es im Tonbereich noch signifikante Verbesserungen ergeben werden, da der menschliche Aufnahmekanal im Grunde voll bedient sei. Der Grund weshalb sich Ton so gut entwickelt hat ist, so Prof. Kraus, ist, dass es im Kino-Ton-Bereich keine verwirrende Vielzahl von Standards gibt. Es waren immer Etappen von zehn Jahren. Eine Zeitspanne, in der sowohl Produzenten als auch Kreative, sich mit einem System beschäftigen können. Aber auch auf der ökonomischen Seite, die Kinobetreiber ihr Geld für diese Investitionen zurückbekommen.

Auf der Bildseite sehe es nicht so gut aus. Der Übergang im Kino von analog zu digital war keine Qualitätsverbesserung, die Qualität blieb konstant gleich. Die Dynamik, der Kontrastumfang, die Farbwiedergabe wurden in keiner Weise besser, es war sogar ein kleiner Rückschritt, was die Schwärzung angeht.  In einem guten Kinofilm trägt der Ton bis zu 50% zu dem Erlebnis bei, da mit Hilfe des Tons etwas Fiktives sehr realistisch reproduziert werden kann. Zuhause sei es natürlich schwieriger das Tonerlebnis so hinzubekommen wie im Kino und natürlich auch das soziale Erlebnis im Kino.Mit weiteren Bildbeispielen erfuhren die Gäste, was unser menschliches Wahrnehmungssystem leisten kann. Genaugenommen sind es nur 13 Stopps, aber wir adaptieren sehr schnell, lernen wir von Prof. Kraus. Das heißt, wenn wir dunkle Szenen haben adaptiert sich das Augenlicht bei 13 Stopps und wenn es hell wird, sind es insgesamt um die 20 – 25 Stopps.

Es wurde auch ein technischer Einblick in die Kameraentwicklung selbst gegeben, bei der ARRI nicht nur Personen und Testbilder, sondern auch natürliche Materialien, Metall und Druckvorlagen fotografiert, um auch die Natürlichkeit und Authentizität der Abbildung zu studieren. Im Anschluss erhielten die Teilnehmer eine Führung durch 3 verschiedene Bild- und Tonstudios von ARRI mit Kurzvorträgen und Filmmaterial.

Arnold & Richter Cine Technik (ARRI) ist eine global tätige Unternehmensgruppe der Film- und Medienbranche mit weltweit rund 1500 Mitarbeitern. Die Firma wurde 1917 in München gegründet, wo sich auch heute noch der Hauptsitz befindet. Weitere Niederlassungen existieren in Europa, Nord- und Südamerika, Asien und Australien. Die ARRI Gruppe besteht aus den fünf Geschäftsbereichen Camera Systems, Lighting, Media, Rental und Medical. ARRI ist führend in der Entwicklung, Herstellung und Vermarktung von Kamera- und Beleuchtungssystemen für die Film- und Fernsehindustrie mit einem weltweiten Vertriebs- und Servicenetzwerk. Darüber hinaus ist ARRI integrierter Mediendienstleister in der Post- und Koproduktion und im Weltvertrieb von Filmen sowie im Kamera-, Licht- und Bühnenverleih. Der Geschäftsbereich Medical fokussiert sich auf den Einsatz von ARRI Kerntechnologien in der Medizintechnik. Die Academy of Motion Picture Arts and Sciences hat ARRI in Anerkennung der innovativen Leistungen für die Filmindustrie bislang 19 wissenschaftliche und technische Auszeichnungen verliehen.

Prof. Franz Kraus, geboren 1947, ist seit September 2018 Mitglied des Aufsichtsrates der ARRI Group in München, einer global tätigen Unternehmensgruppe der Film- und Medienbranche mit 1500 Mitarbeitern weltweit. Zuvor verantwortete er seit Juni 2001 als Technik-Vorstand den Bereich Forschung und Entwicklung. Franz Kraus kam 1983 als Technischer Leiter zu ARRI. Zahlreiche Führungspositionen folgten. Unter seiner Ägide wurde ARRI insgesamt neunmal für herausragende technische Leistungen von der Academy of Motion Picture Arts and Sciences ausgezeichnet, unter anderem für die Entwicklung des Filmbelichters ARRILASER sowie des Digitalkamerasystems ALEXA. Im Jahr 2011 wurde Franz Kraus persönlich mit einem Academy Award of Merit, einer Oscar-Statuette – der höchsten Auszeichnung in der Filmindustrie weltweit –, geehrt. 2004 erfolgte die Ernennung zum Honorarprofessor und Leiter der Abteilung Technik der Hochschule für Fernsehen und Film (HFF) in München. Inzwischen ist er Abteilungsleiter des Studiengangs Kamera. Darüber hinaus wurde Franz Kraus zum Kurator am Fraunhofer Institut für Integrierte Schaltungen (ISS), am Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut (HHI), zum Mitglied der American Society of Cinematographers (ASC) und zum Mitglied der Academy of Motion Picture Arts and Science (A.M.P.A.S.) berufen.

Den kompletten Vortrag können Sie hier herunterladen.