Die neueste Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zum Strukturwandel am Arbeitsmarkt seit den 1970er Jahren kommt zu einem klaren Ergebnis: Technologiebedingte Arbeitsplatzverluste werden durch neue Arbeitsplätze immer wieder ausgeglichen. Digitalisierung und technischer Fortschritt schaffen mehr neue Arbeitsplatze, als sie alte vernichten und erhöhen den Wohlstand, können die Autoren Hermann Gartner und Heiko Stüber in ihrer empirischen IAB-Studie zeigen.

Im Jahr 1978 titelte der Spiegel zum Thema Computer-Revolution „Fortschritt macht arbeitslos“ und beschrieb in dramatischen Worten eine bedrohliche Zukunftsvision. Die aktuelle Diskussion zum Job-Killer Digitalisierung und Künstliche Intelligenz beruht auf der sogenannten Oxford-Studie von Carl Benedikt Frey und Micheal A. Osborne auf dem Jahr 2013 „The Future of Employment: How Susceptible are Jobs to Computerisation“. Dieses Thesenpapier stellte eine Liste von 702 Berufen in den USA zusammen und gab eine Einschätzung ab, in welchem Maße diese Berufe von der Digitalisierung obsolet gemacht werden. Völlig zurecht sprach Die Zeit schon wenig später, die empirische Qualität der Untersuchung betreffend, von einer „Pi-mal-Daumen-Studie“. Dieser offensichtliche Mangel an Datenqualität und -analyse hinderte aber das Bundesministerium für Arbeit und Soziales die „Oxford-Studie“ im Juni 2015 speziell auf Deutschland übertragen zu lassen „Übertragung der Studie von Frey/Osborne auf Deutschland“. Spätestens damit hat sich das düstere Arbeitsplatzvernichtungsszenario verselbständigt.

Die nun vorliegende, empirische Studie des IAB, die den Zeitraum zwischen 1976 und 2017 untersucht, kommt zu einem ganz anderen Ergebnis. Unter dem Strich sind mehr Arbeitsplätze neu entstanden, als alte weggefallen. Allerdings handelt es sich vielfach um neue Jobs mit einem anderen Anforderungsprofil. Seit 1993 gilt, dass pro Jahr durchschnittlich von 100 Arbeitsplätzen 9,5 wegfallen, aber gleichzeitig 9,7 neue entstehen. Technologischer Fortschritt kann dabei sowohl zu Entlassungen führen als auch zu Neueinstellungen – etwa wenn neue Produkte auf den Markt gebracht oder zusätzliche Arbeitsplätze durch maschinelle Unterstützung erst rentabel werden.

Digitalisierung bringt sogar ein höheres Maß an Job-Sicherheit. Die IAB-Forscher zeigen, dass in Sektoren, die sich schon stärker mit Automatisierung und Digitalisierung beschäftigt haben, die Dynamik beim Auf- und Abbau von Jobs überraschenderweise eher unterdurchschnittlich ausfällt. Auch das Risiko, arbeitslos zu werden, ist in den digitalisierungsaffinen Branchen deutlich geringer als etwa in der Bauwirtschaft.

Allerdings steht die Wirtschaft vor großen Umbrüchen: Dass die neu entstehenden Arbeitsplätze oft ein anderes Anforderungsniveau aufweisen als die weggefallenen, führt zu einem bestimmten Maß an Mismatch-Arbeitslosigkeit. Qualifizierung sowie professionelle Beratung und Vermittlung seien deshalb von zentraler Bedeutung, damit die Beschäftigten mit den Herausforderungen der Digitalisierung schritthalten können.